Affluenza: Zeitkrankheit Konsum [Gebundene Ausgabe]
Ja, die Autoren haben Recht. Und jeder von uns weiß das. Im Grunde. Eigentlich. Aber mit dem Konsum ist es wie mit dem Rauchen: Selbst wenn eines Tages nur noch Totenköpfe auf den Packungen abgebildet wären: geraucht würde trotzdem. Einsicht und Handeln sind zweierlei. Für wen also dieses Buch? Für alle, die erschöpft sind vom Rattenrennen ihres Alltags: immer mehr Gehetze und immer weniger Spaß am Leben; für alle, die Kinder haben und sich fragen, wie deren Welt einmal aussehen wird; für Tante Gerda, der ein bisschen weniger Essen und für Onkel Tilo, dem ein bisschen weniger Arbeit nicht schaden würde; vor allem für alle Leute mit drei Mal Urlaub im Jahr und drei Mal Auto in der Garage. Das Wort Affluenza ist — augenzwinkerndes — Kunstwort, analog gebildet zum allbekannten Influenza, dem medizinischen Fachbegriff für Schnupfen. Affluenza steht für Überflusskrankheit. Entsprechend gibt es: Symptome, Ursachen, Behandlung. Etwas gewaltsam diese Parallele. Vor allem aber: Auf 400 Seiten kein einziger wirklich neuer Gedanke: Dass unsere Klamotten so billig sind, weil in Asien Kinder wie Sklaven schuften, dass immer mehr weder glücklich noch zufrieden macht, dafür eher krank: bekannt, gebongt und abgehakt. Trotzdem: Der neue Gedanke von de Graaf, Wann und Naylor liegt vielleicht im Wörtchen etwas. Etwas weniger würde uns schon reicher machen: weniger Auto, weniger Klamotten, weniger reisen. Zugegeben, eher eine homöopathische Kur, aber die soll ja oft sehr wirksam sein. Die Welt würde so nicht gerettet, aber jeder von uns wäre — schon mittelfristig — glücklicher. –Michael Winteroll
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